9.06.2021

Mit dem Miltonmodell kraftvolle Veränderungen erzielen

Teil 1: Miltonmodell & umgekehrtes Metamodell

Dass Veränderungen nicht auf der Ebene des Bewusstseins stattfinden müssen, ist eine der grundlegenden, und sicher auf Milton H. Erickson zurückgehende, Annahme im NLP. Der bekannte Psychiater und Hypnotiseur Milton Hyland Erickson, war ein Meister in der Veränderungsarbeit. Aus seiner Sicht war die Einbeziehung des Bewusstseins in einen Veränderungsprozess nicht nur nicht notwendig, sondern sogar eher störend. Auch wenn Ericksons Interventionsspektrum weit über die Hypnose hinausging, wurde er doch vor allem aufgrund seiner vagen Sprache bekannt. Diese Art der Sprache kann genutzt werden, um anderen Menschen zu helfen, Zugang zu ihren eigenen Ressourcen und Lösungen zu finden. Die von ihm verwendeten Sprachmuster sind im Miltonmodell zusammengefasst – und wie genau du es nutzen kannst, erfährst du in diesem ersten Artikel unserer 3-teiligen Reihe über das Miltonmodell.

Wenn du die Sprache, die dem Miltonmodell zugrunde liegt, erlernst, kannst du:

  • Menschen dabei unterstützen selbst effektive Lösungen zu finden
  • Einen Trancezustand induzieren, um deinen Coachee mit Ressourcen in Kontakt zu bringen
  • Inhaltsfrei coachen
  • Besseren Rapport aufbauen
  • Anderen auf ihrer „Landkarte“ begegnen (dafür musst du sie nicht einmal kennen)
  • Widerstände in Gesprächen (z. B. im Coaching) vermeiden

Was ist das Miltonmodell? 

Richard Bandler und John Grinder haben Milton H. Erickson, den Begründer der modernen Hypnotherapie, Mitte der 70er Jahre modelliert. Ihnen fiel auf, dass Erickson Sprache in einer kunstvoll vagen Art nutzte, um seine Klienten zu kraftvollen Veränderungen zu führen. Er nutzte bestimmte Sprachmuster und diese haben die beiden Amerikaner herausgearbeitet und im Miltonmodell beschrieben.

Ein Teil der Wirkungsweise dieser Sprachmuster besteht darin, dass der andere, um den Sinn eines Satzes zu verstehen, die gehörten Worte und Sätze mit eigenen Inhalten füllt.

Um beispielsweise den Satz „Ich sah ein Kind auf einer Blumenwiese spielen.“ zu verstehen, bildet der Zuhörer eine Repräsentation, die auf seinen eigenen Erfahrungen basiert. Das bedeutet, jeder hat eine andere innere Vorstellung eines Ereignisses, Ziels, Problems und bildet diese durch die 5 Sinnesmodalitäten innerlich ab.

Vor dem Miltonmodel kam das Metamodell

Bevor Bandler und Grinder sich mit der Sprache Ericksons beschäftigten, analysierten sie die Sprachmuster zweier anderer großartiger Therapeuten: Fritz Perls und Virginia Satir. Diese beiden Therapeuten kamen bei ihren Klienten, durch eine bestimmte Art des Fragens, schnell zum Wesentlichen und von dort aus zu Lösungen. Ihre Art der Sprache wurde von Bandler und Grinder im Metamodell beschrieben. Damit beschäftigen sich diese beiden Modelle mit den sprachlichen Strukturen von Veränderung. Im Gegensatz zum Miltonmodell, in dem vage Sprache gezielt eingesetzt wird, werden im Metamodell viele dieser vagen Sprachmuster des Coachees (z.B. Generalisierungen, Tilgungen und Verzerrungen) aufgedeckt, hinterfragt und teilweise verwandelt. Dabei dient das Metamodell auch der Informationsgewinnung und der Coachee wird wieder mit seiner Tiefenstruktur in Verbindung gebracht.

Das Miltonmodell dagegen ist quasi die Umkehrung des Metamodells und eine Anleitung für einen unspezifischen Sprachgebrauch. Tilgungen, Generalisierungen und Verzerrungen werden im Miltonmodell nicht hinterfragt, sondern gezielt genutzt. So gegensätzlich diese beiden Modelle erscheinen, verbindet sie doch – richtig eingesetzt – dass sie darauf abzielen, „vergessene“ oder „unbewusste“ Erfahrungen und Ressourcen wieder zugänglich zu machen.

Welche Sprachmuster beinhaltet das Miltonmodell?

Es mehrere Arten von Sprachmustern im Miltonmodell. In diesem Artikel beginnen wir mit den 13 Sprachmustern der Umkehrung des Metamodells: wir werden weglassen (tilgen), generalisieren und verzerren.

1. Nominalisierungen – Hauptwörter, die meist aus Verben oder Adjektiven gebildet wurden. Beispiele: Leben, Veränderung, Lösung, Entscheidung…
„In deinem Leben gibt es bestimmte Herausforderungen oder Schwierigkeiten, für die du eine Lösung finden magst… Und auch, wenn du es noch nicht bewusst weißt, so sind in deinem Unterbewusstsein bereits alle Lösungen vorhanden…“

2. Einfache Tilgung – Teile eines Satzes fehlen (Objekt, Subjekt, Prädikat).
„Plötzlich macht alles Sinn.“ (Subjekt fehlt) „Und du verstehst.“ (Objekt fehlt)

3. Vergleichstilgung – Ein Vergleich ohne konkreten Bezug. Bei Vergleichen muss der Zuhörer das Vergleichsobjekt selbst einsetzen, um dem Inhalt eine Bedeutung zu geben. Beispiele: besser, weniger, mehr, leichter, ruhiger…
„Immer mehr und mehrtiefer und tiefer … jeden Tag leichter…“

4Fehlender Referenz- oder Bezugsindex – Der Bezugsindex – die Person oder das Objekt, auf die oder das sich die Äußerung bezieht – ist unklar oder unspezifisch – Beispiele: er, sie, der, die, das, dann, dort, … (Wer, wo, wann, was genau?)
„All das und noch viel mehr.“ „Und dort, wird es dir dann ganz klar.“

5. Unvollständig spezifizierte Verben oder Adjektive – Alle Verben und Adjektive sind unvollständig spezifiziert. So weißt du bei dem Wort „gehen“ nicht, wie schnell, auf Händen oder Füßen, vorwärts oder rückwärts… Beispiele: verstehen, leicht, einfach, schnell, endlich, lieben, leben, …
„Es ist so einfach, ganz loszulassen und einfach nur zu sein…“
„Endlich kannst du ganz leicht und entspannt einfach sein und während du all dies genießt, kannst du verstehen, wie leicht sich Dinge lösen und du siehst ganz klar auf wundersame Weise genau diese Dinge aus einer ganz neuen Sichtweise, …“

6. Universalquantoren – Verallgemeinerungsformulierungen, die mögliche Einzelerfahrungen in einer generalisiert geltenden Gültigkeit ausdrücken. Wörter wie: alle, jeder, niemand, immer, niemals …
„Im Leben jedes Menschen …“ „Veränderungen sind immer und überall möglich …“

7. Generalisierter Referenzindex – Aussage über eine Klasse oder Gruppe: Menschen, Frauen, Deutsche, …
Mensch sein bedeutet …“

8. Modaloperatoren – Hilfsverben und Wörter, die andere Verben genauer bestimmen wie wollen, können, dürfen, nicht müssen. Sollen/müssen erzeugen oft Widerstand.
„Du kannst nun ganz einfach, wenn du magst, es dir erlauben in diesen wunderbaren…“

9. Vorannahmen – stillschweigende implizite Annahmen
„… und vielleicht bist du diesem starken und selbstsicheren Kern in dir, schon lange nicht mehr begegnet und vielleicht ist es gerade jetzt …“ „Dein Bewusstsein kann jetzt ganz entspannt sein, während dein Unterbewusstes schon an deinen neuen Strategien arbeitet.“

10. Verlorener Performativ – Aussage ohne Quelle, erlaubt z.B. Vorannahmen einzubringen, ohne sich dafür zu rechtfertigen.
„Es ist nicht wichtig… Es ist gut… Das ist richtig…“

11. Ursache und Wirkung X führt zu Y„Und mit jedem Atemzug kannst du dich mehr und mehr entspannen …“

12. Komplexe Äquivalenz – X bedeutet Y, X heißt Y
„Dass du mit diesem Thema hier bist, bedeutet, dass du es auch lösen kannst, denn das Schicksal gibt uns Aufgaben, die wir auch lösen können …“

13. Gedankenlesen – meint zu Wissen was eine andere Person denkt, fühlt oder will
„Und während du dich vielleicht noch fragst, wie du das umsetzen kannst, ist dein Unterbewusstsein schon längst dabei, neue Strategien auszuwählen …“
„Und genau dieser selbstbewusste Mensch wartet schon in dir darauf, dass du dir die Erlaubnis gibst, der Mensch zu sein, der du sein könntest …“
„Ganz genau, ja, genau so … und du fragst dich vielleicht, wie tief du gleich entspannen wirst.“

In diesem ersten Artikel hast du erfahren, was das Miltonmodell ist und welche Sprachmuster es mit dem Metamodell gemeinsam hat. Im nächsten Artikel stellen wir dir weitere hilfreiche Sprachmuster aus dem Miltonmodell vor.

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