Die Kraft der Dankbarkeit
Teil 3: Wie du mit Positiver Psychologie dein Wohlbefinden stärken kannst

Wann hast du das letzte Mal Dankbarkeit empfunden? Und wann das letzte Mal darüber nachgedacht, wofür du dankbar bist? Dankbarkeit zu empfinden, ist ein Schlüssel zu mehr Wohlbefinden und Zufriedenheit. Auch in herausfordernden oder belastenden Zeiten ist Dankbarkeit eine immer verfügbare Ressource, die hilft resilienter und positiver durch diese Zeiten zu kommen. Im dritten Teil unserer Artikelreihe stellen wir dir mit Dankbarkeit eine weitere Möglichkeit vor, wie du mithilfe Positiver Psychologie dein Wohlbefinden und deine Resilienz stärken kannst.
Nicht die Glücklichen sind dankbar. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind.
Francis Bacon
Wie Genuss hat auch die Dankbarkeit, die sowohl eine Stärke ist als auch eine positive Emotion, in der Positiven Psychologie eine Sonderstellung. Dankbarkeit bezeichnet das bewusste Wertschätzen von etwas Gutem. Das kann eine nette Geste eines anderen Menschen sein, die Schönheit der Natur oder die eigene Gesundheit. Dankbarkeit beinhaltet zwei Elemente: Kenntnisnahme dessen, was gut ist und Anerkennung für das, was man zur Kenntnis genommen hat. Ohne Kenntnisnahme der guten Dinge, kann keine Dankbarkeit entstehen. Und ohne die Anerkennung und Wertschätzung der wahrgenommenen Dinge, bleiben es einfach nur weitere Geschehnisse, die einem im Laufe des Lebens passieren.
Auch wenn wir uns an den letzten Artikel der Artikelreihe erinnern, in dem wir die verschiedenen Facetten des Genusses vorgestellt haben, wird deutlich wie Dankbarkeit entsteht. Dankbarkeit aus der Perspektive des Genusses betrachtet, ist Genuss, der auf etwas im außen gerichtet ist und kognitiv reflektiert wird. Aus diesem Prozess kann die Emotion der Dankbarkeit entstehen, die empfunden wird. Ohne Erkennen des Guten und die kognitive Reflektion ist es kaum möglich die positive Emotion Dankbarkeit zu empfinden. Dankbarkeit ist eine neue Sichtweise, die den Blick auf das Leben verändert, eine Haltung, die das eigene Erleben und die Zufriedenheit nachhaltig verändern wird. Und das magische an der Dankbarkeit ist, dass sie jedem zugänglich ist. Dankbarkeit ist nicht an bestimmte Lebensumstände gebunden, man kann nicht zu arm oder zu reich, zu alt oder zu jung sein. Auch in belastenden Zeiten oder in unmenschlichen Lebensumständen gibt es immer noch Dinge, für die man dankbar sein kann – selbst wenn nur die Dankbarkeit dafür bleibt, dass einem dieses Leben geschenkt wurde.
Wenn sich bei dir jetzt innere Widerstände einstellen, in jeder Situation Dankbarkeit zu empfinden, ist das vollkommen normal. Das Ziel ist nicht in jedem Moment glücklich und dankbar zu sein. Denn positive Emotionen leben durch den Kontrast, ohne negative Emotionen können wir keine positiven wahrnehmen. Worum es also geht, ist eine Haltung der Dankbarkeit zu üben und mehr und mehr zur Gewohnheit zu machen, immer weniger für selbstverständlich zu halten und zu erkennen, dass uns das Leben nichts schuldet und uns so viele Geschenke gemacht werden. Jeder Moment, den wir erleben dürfen, jeder Tag, den wir auf der Erde verbringen können, ist einzigartig und wertvoll. Und wenn du dich mit dieser spirituellen Sichtweise nicht anfreunden kannst, dann richte deinen Fokus einfach mehr darauf, was Andere dir Gutes tun, für welche Taten du dankbar sein kannst und vielleicht sogar auf das, was deinen Liebsten Gutes getan wurde. Warum nicht auch mal dankbar dafür sein, dass deinem Liebsten geholfen wurde oder etwas Schönes passiert ist, als du gerade nicht da warst?
Interessanterweise neigen Menschen dazu, ihren eigenen Einfluss massiv zu überschätzen und ihren Erfolg stärker auf sich selber zurückzuführen, als dies der Fall ist. Wenn man die Mitarbeiter eines Teams fragt, wie viel jeder Einzelne zum Gelingen eines Projekts beigetragen hat, übersteigt die Summe der Einzelbeiträge die 100%-Marke bei Weitem. Solch eine Haltung verhindert Dankbarkeit. Und es geht nicht nur um Erfolge, sondern schon um Banalitäten des Alltags. Wir unterschätzen oft, wie abhängig wir von anderen Menschen sind und wie viel andere Menschen für uns tun. Wenn du mal darüber nachdenkst, wie viele Menschen dazu beigetragen haben, dass du z.B. diesen Artikel lesen kannst, wird dies vielleicht deutlich. Nicht nur, dass jemand diesen Artikel geschrieben hat, und derjenige wiederum Artikel, Bücher und Studien von anderen gelesen hat, die diese Erkenntnisse erforscht haben und Verlage oder Zeitschriften diese Erkenntnisse herausgebracht haben. Auch der Computer oder das Smartphone, das du gerade nutzt, um den Artikel zu lesen, würde es ohne die Hilfe von unzähligen Menschen nicht geben. Ohne die Menschen, die das Gerät entwickelt und gebaut haben, die Menschen, dank denen du es irgendwo kaufen konntest. Um es benutzen zu können, muss jemand dafür sorgen, dass Strom aus deiner Steckdose kommt, damit dein Gerät mit Energie versorgt ist. Und so weiter… Wenn man von außen auf sich und sein Leben schaut, wird einem bewusst, wie viele Menschen dazu beitragen, dass man dieses Leben führen kann. Und wie wertvoll all das ist.
Dankbarkeit macht glücklich
Mit der Zeit und etwas Übung wird es einem immer leichter fallen, Dinge zu erkennen, für die man dankbar sein kann und so immer öfter Dankbarkeit zu empfinden. Was letztendlich dazu führt, dass mehr positive Emotionen erlebt werden, wodurch Ressourcen aufgebaut werden und sich das Wohlbefinden verbessert (in der Positiven Psychologie ist dieses Modell bekannt als Broaden-and-Build-Theory). Die positiven Wirkungen von Dankbarkeit wurden in vielfältigen Studien nachgewiesen. Im Folgenden haben wir einige der wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst. Dankbarkeit führt zu:
- dem Erleben mehr positiver und weniger negativer Emotionen,
- einer Reduktion der Stressbelastung,
- einer Senkung der Stresshormone im Blut,
- einer Steigerung des Optimismus,
- einer Verbesserung der Resilienz,
- einer Verminderung der Hoffnungslosigkeit,
- einer Minderung depressiver Symptome,
- einer besseren physischen Gesundheit und schnelleren Erholung von Erkrankungen,
- einer Verbesserung der Schlafqualität,
- einer Verstärkung von positivem sozialem Verhalten wie Hilfsbereitschaft oder Spendenbereitschaft,
- einer aktiveren Verfolgung der eigenen Ziele und einer wahrscheinlicheren Zielerreichung,
- einer Verbesserung der Lebenszufriedenheit.
Dankbarkeit hat also eine enorm kraftvolle Wirkung, gänzlich ohne Nebenwirkungen. Ein Mittel, das jedem jederzeit zur Verfügung steht – wenn man sich dafür entscheidet, diese Haltung einzunehmen.
Vergleiche können Dankbarkeit stärken oder zerstören
Menschen sind soziale Wesen und auch unser Geist ist ständig damit beschäftigt unsere Position im sozialen Gefüge zu überprüfen und soziale Vergleiche anzustellen. Warum habe ich nicht die Beförderung bekommen, sondern mein Kollege? Wieso stehe ich immer an der Kasse, an der es am langsamsten geht? Warum passiert mir sowas immer? Und wieso bin ich nicht an deren Stelle? Wir vergleichen uns mit anderen, wir vergleichen, wie die Dinge anders sein könnten und wir vergleichen, was wir lieber hätten. Oft enden diese automatisch ablaufenden Vergleiche damit, dass wir uns schlecht fühlen, weil wir gerne anders wären, wir gerne andere Dinge hätten oder uns andere Dinge passieren sollten. Wir beneiden Menschen, denen es augenscheinlich besser geht als uns oder die mehr haben als wir. Dabei können Vergleiche Dankbarkeit auch fördern, man muss sie nur etwas anders angehen. In der Psychologie nennt man diese Strategie Abwärtsvergleiche. Hast du dich schon einmal mit jemandem verglichen, dem es augenscheinlich schlechter geht als dir? Solche Vergleiche haben eine ganz andere Wirkung. Wir erkennen, dass es auch viel schlimmer sein könnte und es in unserem Leben sehr viel gibt, wofür wir dankbar sein können. Eine Möglichkeit sich dessen bewusst zu werden, wie gut es uns hier in Europa geht, ist der Vergleich mit der restlichen Welt. Das macht die Seite Dollarstreet sehr greifbar. Dort kann man sich verschiedene Eindrücke aus dem Leben anderer Menschen rund um die Welt anschauen – abhängig vom jeweiligen Einkommen. Hier zwei Beispiele:
Häuser in der Welt nach Einkommen


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Dankbarkeit in schweren Zeiten
Dankbarkeit als Charakterstärke
Übungen für mehr Dankbarkeit
Wir haben jetzt viele verschiedene Möglichkeiten vorgestellt, mehr Dankbarkeit zu empfinden. Hier findest du noch einmal alle im Überblick:
- dankbar dafür sein, was man Gutes im Leben hat
- dankbar dafür sein, was Andere einem Gutes tun
- dankbar dafür sein, was nahestehenden Personen Gutes widerfahren ist
- von außen auf sein Leben schauen und sich bewusst werden, wie abhängig man ist und wieviel Andere zu allem, was man hat und tun kann, beitragen
- kontrafaktisches Denken (Wie wäre es gewesen, wenn es noch schlimmer gekommen wäre?)
- Abwärtsvergleiche (Wem geht es noch schlechter und was habe ich alles im Vergleich zu denen?)
- mentale Subtraktion (Wie wäre es, wenn es meine Familie, meinen Job… nicht mehr geben würde?)
- ein Dankbarkeits-Tagebuch führen
- sich mit jemandem über die Frage austauschen „Wofür bist du dankbar?“
- einen Dankesbrief schreiben
Und wenn du dich noch etwas inspirieren lassen möchtest, empfehlen wir diesen TED-Talk von David Steindl-Rast (auch mit deutschen Untertiteln):
Quellen:
[1] Emmons, R. (2008). Vom Glück, dankbar zu sein.: Eine Anleitung für den Alltag. Campus Verlag.
[2] Ryan Niemiec (2019). Charakterstärken: Trainings und Interventionen für die Praxis. Hogrefe Verlag.
[3] Ruch, W., Proyer, R. T., Harzer, C., Park, N., Peterson, C. & Seligman, M. E. P. (2010). Values in Action Inventory of Strengths (VIA-IS). Adaptation and validation of the German version and the development of a peer-rating form. Journal of Individual Differences, 31(3), 138-149.
[4] Lyubomirsky, S., Sheldon, K. M., & Schkade, D. (2005). Pursuing happiness: The architecture of sustainable change. Review of general psychology, 9(2), 111-131.
- Tags: Gesundheit, Grundlagen, Positive Psychologie