27.06.2019

Der Rubikon Prozess

Handlungsziele wirksam erreichen

49 v. Chr. stand Gaius Julius Caesar mit seinen Truppen vor dem Fluss Rubikon. Der Rubikon bildete die Grenze zwischen Italien und der römischen Provinz Gallia Cisalpina. Nach einer Phase des Abwägens am Fluss Rubikon sprach Caesar die berühmten Worte: „Alea iacta est!“ (Die Würfel sind gefallen!). Mit dieser Entscheidung überquerte er mit seinen Truppen den Rubikon und zog in den Krieg, den er Schlacht für Schacht für sich entschied.

Soviel zur Namensgebung des ursprünglich 4-phasigen Rubikon Modells. Dieses Modell aus der Motivationspsychologie ist extrem hilfreich für das Erreichen großer Ziele. Im Folgenden werden wir eine Erweiterung dieses Modells, den 6 schrittigen Rubikon Prozess darstellen.
Wenn du ein wichtiges Ziel wirklich erreichen willst, solltest du den Rubikon Prozess kennen und nutzen.

Der Rubikon Prozess

Das Rubikon Modell ist ein motivationspsychologisches Modell. Ziel der Motivationspsychologie ist es, die Richtung, Persistenz und Intensität von zielgerichtetem Verhalten zu erklären und durch Modelle zu unterstützen. Das ursprünglich von Heinz Heckhausen und Peter Gollwitzer entwickelte Rubikon Modell der Handlungsphasen, wurde mehrfach erweitert – unter anderem durch Anregungen von Klaus Grawe bezüglich der, die Motivbildung beeinflussenden, unbewussten Bedürfnisse. In diesem Artikel möchten wir dir diese Erweiterung des Rubikon-Modells, den 6-schrittigen Rubikon Prozess vorstellen.

Der Rubikon Prozess beschreibt zielorientiertes menschliches Handeln als prototypische Abfolge von Schritten und Stadien. Anhand des Rubikon Prozesses kann jemand bis zur Realisierung eines Handlungsziels begleitet und unterstützt werden, denn der Prozess beschreibt die unterschiedlichen „Reifungsstadien“, die ein Wunsch durchläuft (wenn er im Bewusstsein aufgetaucht ist), bis derjenige soweit motiviert und mobilisiert ist, dass dieser Wunsch zum Ziel wird und aus eigener Kraft verfolgt und aktiv in Handlung umgesetzt wird.

Der Rubikon-Prozess Diese 6 Phasen des Rubikon-Prozesses sind:

  1. Unbewusstes Bedürfnis
  2. Motiv
  3. Intention
  4. Präaktionale Vorbereitung
  5. Handlung
  6. Bewertung

In jeder dieser Phasen wirken andere neuronale Prozesse und somit sind unterschiedliche Vorgehensweisen gefragt.

Das Bild des Rubikons symbolisiert den Schritt von der Wahl eines Zieles zu einer durch Entschlossenheit charakterisierten Umsetzung konkreter Handlungsziele. Links des Rubikons finden wir die Phasen des Abwägens (goal-setting). Hier ist es wichtig, zunächst einen Zugang zu möglicherweise widersprüchlichen unbewussten Bedürfnissen zu finden und diese dann mit den eigenen bewussten Motiven in Einklang zu bringen.
Nach der Entscheidung bzw. dem Überschreiten des Rubikons (goal striving – rechts des Rubikons) geht es um die Zielerreichungsphasen. Motivationspsychologisch entspricht dies der abgesicherten Unterscheidung zwischen dem bloßen Beabsichtigen einer Handlung (so werden oft Neujahrsvorsätze gefasst) im Gegensatz zu dem entschiedenen, unbedingten Wollen, das mit starken positive Affekten einhergeht.

Die Phasen des Rubikon Prozesses im Detail

Der Rubikon Prozess beinhaltet folgende Phasen:

1. Unbewusstes Bedürfnis
Unbewusste Bedürfnisse haben eine vorsprachliche Form. Sie äußern sich durch Zuneigung oder Abneigung (angenehm/unangenehm), als Stimmung, Antrieb, oder durch ein vages, diffuses Gefühl. Man kann es (noch) nicht recht in Worte fassen. „Irgendwie bin ich unzufrieden, … irgendetwas ist da, was sich nicht rund und stimmig anfühlt… Ich weiß nicht recht, ob…“
Aus motivationspsychologischer Sicht geht jedem Bewusstwerden eines Motivs ein unbewusstes Bedürfnis voraus. Es ist wichtig Zugang zu unbewussten Bedürfnissen zu schaffen (z.B. durch Hypnose, Bilder, Malen, Assoziationen, Focusing, …) und diese bewusst zu machen, damit man sie befriedigen und miteinbeziehen kann.

2. Motiv
Im Gegensatz zum Bedürfnis ist das Motiv bewusst verfügbar. Man wünscht sich etwas und wägt ab, wie man es erlangen könnte. Ein Wunsch kann sprachlich formuliert werden, aber er ist noch nicht handlungswirksam. „Es wäre ganz schön, wenn…“, „Ich möchte gerne, …“, „Ich könnte mir vorstellen, dass…“
Diese Phase ist gekennzeichnet durch Abwägen, Ambivalenz und Open-Mindedness in Bezug auf Input. Soll ich dies tun oder das? Auf der einen Seite… Auf der anderen Seite… Es werden Informationen gesammelt, Pros und Cons abgewogen, recherchiert, man befragt Andere, „schläft noch eine Nacht drüber“, ist hin- und hergerissen zwischen Möglichkeiten.
Der Aufmerksamkeitsfokus ist auf entscheidungsrelevante Informationen gerichtet, die offen betrachtet werden. Auch positive und negative Anreize werden „unparteiisch“ verarbeitet. Es gilt aus den Wünschen eine Auswahl zu treffen und zu entscheiden, welches Ziel verfolgt werden soll, dies beruht u.a. auf der Abwägung der Erreichbarkeit und Wünschbarkeit (antizipierte positive und negative Folgen sowie Kosten der Zielerreichung).
Je nachdem ob es Konflikte mit dem Unbewussten oder Motiv-Konflikte gibt und diese gelöst sind, kann die Länge der Motiv-Phase, bis man den Rubikon überschreitet von sehr kurz – bis nie endend sein (z.B. nach 2 Jahren verheiratet sein, möchte man sich trennen, bleibt aber noch 50 Jahre). Wenn es in dieser Phase innere Konflikte gibt, gilt es diese aufzudecken und zu lösen. Dann gilt es Bedürfnis und Motiv so aufeinander abzustimmen, dass ein klares Ziel überhaupt erst möglich wird.

3. Intention
Man ist entschieden – und hat den Rubikon überschritten! Das Ziel ist stark gewollt und man wird es konsequent verfolgen. Es gibt kein Zurück mehr. „Ich will!“, „Ich werde!“
[Anmerkung: Löst die Entscheidung starke positive Gefühle aus, wird der Wille und die feste Absicht gebahnt, das Ziel durch Handeln zu erreichen und so gelingt es den Rubikon einfach zu überschreiten. Reagiert das emotionale Erfahrungsgedächtnis allerdings mit negativen Gefühlen (z.B. bei inneren Konflikten), so wird es sehr schwierig oder es wird nicht gelingen den Rubikon zu überschreiten. Dann ist es sinnvoll das Ziel zu verwerfen oder mit den inneren Einwänden zu arbeiten]
Vorher wählte man, nun will man. Man stellt sein Ziel nicht mehr infrage, sondern beginnt mit der konsequenten Planung und Umsetzung des Ziels und Realisierung der Absichten! Hier ändert sich die Informationsverarbeitung im psychischen System: Informationen und Reize, die nicht zielführend sind, werden ausgeblendet, stattdessen wird auf zielführende, realisierungsrelevante Informationen und Reize fokussiert (z.B. günstige Gelegenheiten) und diese werden nun systematisch überbewertet.
Die Absicht wird aufrechterhalten und sogar abgeschirmt gegen konkurrierende Motivationstendenzen, Ablenkungen oder Versuchungen. Man nimmt eher eine optimistische Einschätzung der Erreichbarkeit des gewählten Ziels ein, um die eigene Selbstverpflichtung nicht zu gefährden. Man ist eher Closed Minded und will nun keinen konkurrierenden Input mehr, es soll einem nicht hereingeredet werden. In der Motivationspsychologie nennt man diesen Vorgang, der empirisch vielfach belegt ist, Zielabschirmung (goal shielding).

4. Präaktionale Vorbereitung
Der Fokus liegt auf dem Planen und Vorbereiten. Was wird die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die gefasste Intention in Handlung umgesetzt werden kann? Das Ziel dieser Phase besteht darin, in die Lage zu kommen, zielorientiert zu handeln: „Ich will und ich kann!“
Man plant Handlungen und einzelne Handlungsschritte zeitlich. Macht Vorbereitungen, z.B. auch im Umgang mit Schwierigkeiten, die auftreten könnten. Erwünschte Verhaltensweisen kann man üben und trainieren.

5. Handlung
Der Beginn von Handlungen, die dazu geeignet sind, das ausgewählte Ziel zu realisieren (aktional), finden statt. „Ich tue es!“, „Ich packe es an!“
Hat jemand alle vorherigen Phasen erfolgreich durchlaufen und klare, realisierbare Ausführungsintentionen geplant, so werden normalerweise die Handlungen vollzogen bis zur Zielerreichung und dem Zielzustand. Natürlich können schwierige Situationen auftauchen oder es kann zu „Störungen“ kommen, wie z.B. wenn etwas Unvorhergesehenes passiert und man in alte Handlungsmuster zurückfällt. Hier gilt es dranzubleiben. Die Situationen zu analysieren und neu vorzubereiten, bis das erwünschte Handeln automatisch gelingt. Wenn es nicht zu einem Handlungsabbruch kommt (oder einem Wechsel zu einer alternativen Handlung), wird zu einem bestimmten Zeitpunkt der angestrebte Zielzustand erreicht.
Ob jemand trotz Rückschläge eine zielgerichtete Handlung beibehält, hängt nicht nur von der Überzeugung ab, das eigene Schicksal in der Hand zu haben, sondern auch vom Willen, das Ziel zu erreichen. Zentrale Kontrollprozesse sind die Regulation von Anstrengung und Ausdauer sowie die Abwehr störender Einflüsse.

6. Bewertung
Nach der Beendigung einer Handlung (post-aktional) findet ein handlungsbewertender Rückblick statt, der zukünftige Handlungen beeinflusst. Es wird reflektiert und evaluiert, um Lernerfahrungen zu finden. Was ist gut gelaufen? Was werde ich als nächstes anders machen? „Ich reflektiere!“

Es kann auch zu Überlappungen zwischen einzelnen Phasen oder deren Wiederholung kommen, z.B. wenn sich herausstellt, dass eine Sache deutlich komplexer ist, als zu Beginn angenommen ist, werden womöglich Entscheidungen neu getroffen.

Wir hoffen, dieses Modell wird dir helfen, deine zukünftigen Ziele leichter zu erreichen.

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